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Hinweise aus US-Studie Das Sterberisiko könnte bei Corona-Patienten noch monatelang erhöht sein

Corona Studie Long Covid USA: Ein Mann mit Maske
Einige Patienten entwickeln nach einer Corona-Infektion anhaltende Beschwerden, auch bei milden bis moderaten Verläufen
© VioletaStoimenova / Getty Images
Kopfschmerzen, Ängste oder bleierne Müdigkeit: Einige Corona-Patienten entwickeln "Long Covid"-Symptome. Eine US-Studie zeigt nun: Die Sterblichkeit scheint in den ersten sechs Monaten nach der Infektion erhöht zu sein. Unklar ist, woran das liegt.

Sie sind genesen von Covid-19, aber nicht gesund: Etwa jeder zehnte Corona-Patient berichtet über länger andauernde Beschwerden, klagt beispielsweise über Kurzatmigkeit oder Kopfschmerzen, fühlt sich schnell erschöpft oder hat Gedächtnisprobleme. "Long Covid" nennen Mediziner dieses seit längerem bekannte Phänomen der scheinbar nicht enden wollenden Symptome. Der Leidensdruck für Betroffene ist enorm. 

US-Wissenschaftler haben nun in einer großen Studie untersucht, wie es 73.000 ehemaligen Corona-Patientinnen und -Patienten in den Monaten nach ihrer akuten Erkrankung erging. Die Personen hatten milde bis moderate Symptome gezeigt und waren deshalb nicht auf eine Behandlung im Krankenhaus angewiesen. Die Untersuchung gilt als eine der bisher größten Auswertungen zu möglichen Spätfolgen nach einer Corona-Infektion.

Die Forscher fanden neben den bereits bekannten Long-Covid-Symptomen auch Hinweise auf eine erhöhte Sterblichkeit unter den Genesenen. Die ehemaligen Corona-Patienten hatten demnach zwischen ein bis sechs Monate nach der Infektion ein bis zu 60 Prozent höheres Sterberisiko als Nicht-Infizierte. 1672 der 73.345 Patienten (knapp 2,3 Prozent) starben zwischen einem und sechs Monaten nach der Infektion. Auch das Risiko, in den ersten sechs Monaten nach der Infektion auf ambulante medizinische Versorgung angewiesen zu sein, war laut Studie um 20 Prozent erhöht.

"Erhebliche Belastung der Gesundheit"

"Die Ergebnisse zeigen, dass Covid-19-Überlebende über die akute Krankheit hinaus eine erhebliche Belastung ihrer Gesundheit erfahren, die sich über die Lungen bis hin zu weiteren Organsystemen erstreckt", schreiben die Forschenden um Ziyad Al-Aly (Washington University in Saint Louis School of Medicine) im Fachblatt "Nature". Beobachtet wurden unter anderem neurologische wie auch Herz-Kreislauf- Symptome. Auch das Risiko für psychische Beschwerden, darunter Angst- und Schlafstörungen, war erhöht.

"Die Menschen haben weiterhin Atemwegserkrankungen, anhaltende Kopfschmerzen und weitere Beschwerden", sagte Laurie Jacobs im Gespräch mit der "New York Times". Jacobs ist Medizinerin am Hackensack University Medical Center, behandelt selbst Corona-Patienten und war nicht an der Studie beteiligt. Die Ursache für die anhaltenden Beschwerden sei noch nicht bekannt; auch betonte sie, dass die Krankheitsverläufe recht unterschiedlich seien. Während sich einige Patienten wieder erholten, würden die Beschwerden bei anderen chronisch.

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Als mögliche Ursachen von "Long Covid" gelten derzeit direkte Auswirkungen der Viruserkrankung, aber auch eine durch die Infektion ausgelöste Autoimmunerkrankung.

Auch andere Studien haben bereits Hinweise auf Corona-Spätfolgen ergeben. Wissenschaftler der Uniklinik Köln und des King's College in London gehen davon aus, dass jeder zehnte ambulante Patient sechs Monate nach der Infektion noch Langzeit-Symptome aufweist. Von Patienten mit schweren Verläufen, die auf medizinische Hilfe in Krankenhäusern angewiesen waren, scheint etwa die Hälfte von Long-Covid-Symptomen betroffen zu sein. 

Einige Expertinnen und Experten befürchten, dass die Anzahl an "Long Covid"-Patienten die Gesundheitssysteme auch über die aktuelle Pandemie hinaus langfristig belasten könnte. Vor diesem Hintergrund sind auch die aktuell vielerorts hohen Fallzahlen kritisch zu sehen: Je mehr Menschen sich mit dem Virus infizieren, desto mehr Menschen werden länger andauernde Beschwerden entwickeln, so die Befürchtung. Einige Kliniken haben bereits Spezialambulanzen zur Behandlung von "Long Covid"-Patienten eingerichtet, darunter die Medizinische Hochschule Hannover.

Daten mit Vorsicht zu interpretieren

Die aktuelle "Nature"-Studie basiert auf Daten von US-Veteranen mit einem mittleren Altern von 61 Jahren. Das bedeutet: Etwa die Hälfte der Patientinnen und Patienten war jünger, die andere Hälfte älter. 88 Prozent waren Männer, 70 Prozent Weiß. Die "New York Times" weist darauf hin, dass die Daten damit nicht repräsentativ sein könnten. In der Vergleichsgruppe lag das mittlere Alter bei 67 Jahren. 90 Prozent waren männlich, der Anteil Weißer Menschen lag etwas niedriger.

Auch konnte die Studie nicht feststellen, ob die beobachteten Symptome durch die Coronavirus-Infektion hervorgerufen wurden oder ob andere Faktoren, beispielsweise Nebenwirkungen von Medikamenten, eine Rolle spielten. 

Den Experten zufolge sollten die Ergebnisse zudem in dem Kontext ihrer Erhebung gesehen werden: einer Pandemie, die zahlreiche Auswirkungen hat – nicht nur durch das Virus selbst, sondern auch durch den anhaltenden Druck auf die Gesundheitssysteme und zusätzliche psychische Belastungen, darunter Stress. Dieser könnte bereits bestehende Symptome weiter verstärken, so die Einschätzung.

Quelle:Nature / New York Times

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